Discover Australian Wine
lautet der Titel der Reise meiner Australia-Wine-Tour vom 20. November bis zum 3. Dezember 2018. Die Route führt von Sydney (Ostküste) über den Cranberra District, Barossa Valley, Maclaren Vale und Adelaide bis nach Perth (Westküste) in das Anbaugebiet Margaret River. Spannend, weil ich viele australische Anbaugebiete gesehen habe, die ich vorher nur aus Büchern kannte. Verglichen mit den deutschen Anbaugebieten (102 592 Hektar) ist die Rebfläche dieses riesigen Kontinents nur ein Drittel größer, gerade mal 135.133 Hektar.
In Australien besitzt Weinbau keine Tradition und nur wenig Historie. Die ersten Rebstöcke wurden Ende des 18. Jahrhunderts nach Australien gebracht. Es gibt noch einige Reben aus den 1840er Jahren, sie zählen zu den ältesten Stöcken der Welt. Australien ist der fünft größte Weinproduzent der Welt. Rund 58 Prozent Rotwein und 42 Prozent Weißwein. Insgesamt sind über 100 Rebsorten in Australien zu finden, auch hier wird auf Grund des Global Warmings in alle Richtungen experimentiert. Die Rebflächen verteilen sich auf gut 65 Weinregionen, die zu 30 Prozent mit Shiraz bepflanzt sind, während Cabernet Sauvignon 18 Prozent ausmacht, dicht gefolgt von Chardonnay mit 16 Prozent und allen anderen Rebsorten mit wesentlich geringeren Anteilen.
Australia call’in!
Teil 1 meines WineAustralia Travel Blogs endete mit Problemen am Singapore Airport. Eine freundliche Singapore Airlines Mitarbeiterin hatte Mitleid und setzte mich in letzter Minute auf den Flug…
November 19th, 2018
Hurra, trotz aller Widrigkeiten habe ich es geschafft! Nach meiner nächtlichen Ticket-Odyssee habe ich auf dem Clipper kein Auge zugetan und erreiche Sydney gegen 12 Uhr völlig übernächtigt und entsprechend gerädert. Aber immerhin bin ich hier! Ich chartere auf einem Minibus ein, der mich dann prompt am falschen Hotel absetzt. Das Schwesternhotel liegt genau auf anderen Seite Sydneys – gut 35 Australische Taxi-Dollar entfernt. Noch eine unnötige Aktion, die ich mir easy hätte sparen können. Mein Bett steht also im Stadtteil Woolloomooloo (…versucht das mal auszusprechen!) am heutigen Yachthafen der „Finger Wharf“, in alten, umgebauten Lagerhäuser neben einer Werft. Bis jetzt dachte ich, dass in Nizza und Monaco die dicksten Schiffe liegen, weit gefehlt.
Beim Check im Hotel Ovolo Woolloomooloo in erfahre ich, dass die erste Nacht, in der ich noch seelenruhig in Singapore weilte, großzügigerweise freigehalten aber berechnet wurde. Ausgeschlafen und fit schaffe ich es dann am nächsten Tag, die Room Rate entsprechend runterzuhandeln. Umgerechnet immerhin einige Duzend Sydney Rock Austern.
Genervt mit wenig Elan schlendere ich dann an den Restaurants entlang und lasse diesen eindrucksvollen Hafen auf mich wirken. Die Stimmung wird besser, neugierig schaue ich mich um. Schmunzelnd nehme ich dann wahr, dass das „Leben“ hier einer Theateraufführung gleicht: gockelnde Herrenreihen führen leicht gekleideten Damengruppen ihre Yachten vor und laden sie zum Essen in einem der Restaurants direkt vor dem Bootssteg ein. Und das alles an einem ganz normalen Montagnachmittag… Nach diesen unterhaltsamen Beobachtungen und einem kleinen Imbiss bin ich reif für ein Schläfchen. Bin todmüde, weil ich trotz der herrlich breiten Sitze der Singapore Airlines kaum geschlafen habe.
November 20th, 2018
Was tiefer und langer Schlaf doch ausmacht! Nach einer prasselnder Dusche, entsprechender Menge Tee und einem gesunden Frühstück starte ich per pedes zum Botanischer Garten, dem Opernhaus und zur Bay Bridge.
Es tut gut, sich den Wind um die Nase wehen zu lassen! Ich geniesse den Ausblick, laufe die Buchten entlang und entdecke neben den Touristen auch ganz normale Leute und eine Gruppe quirliger Schulkinder. Weiter geht es in Richtung Sydney Opera, einmal um das weltbekannt Highlight herum und anschließend noch einen Abstecher down town.
Immerhin: Die Oper in Sydney habe ich besichtigt, jetzt fehlt mit noch die Elbphilharmonie und irgendwann das neue Kölner Opernhaus – wenn es denn je fertig wird…
November 21th, 2018
Herrlich entspannt entdecke ich das Frühstücksbuffet und bestelle ganz luxuriös ein Spiegelei. Au backe! Was folgt, ist eine echte „Bauarbeiter-Portion“. Bin deshalb froh, dass es auch hier Leih-Fahrräder gibt! Mit Stadtplan und sicherem Helm mache ich mich „bauarbeitermässig“ auf den Weg. Nochmal durch den wunderschönen botanischen Garten, einmal um die Oper rum und dann rein ins Gewusel! Down town erstehe ich noch schnell Briefmarken für die Postkarten und das unverzichtbare Notebook für meine Notizen.
Zurück ist packen angesagt und ein Hotelwechsel. Nach Woolloomooloo geht es nun ins Paramount Hotel in den Stadtteil Surrey Hills. Guter Tausch! Das ehemalige Filmstudio steht mitten in einem hippen Szene-Viertel mit vielen interessanten Geschäften, quirligen Bars, Cafés und Restaurants. Es folgt ein abendliches Meeting mit unserer WineAustralia-Reisegruppe in der Nomad Winebar. Die ersten Teilnehmer sind eingetroffen. Wir spazieren mit Camilla Coste, WineAustralia, zu der angesagten Bar, besetzen einen runden Tisch, bestellen „food to share“ und eine vielversprechende Weinauswahl.
Unser heutiger Aperitif, ein Oakey Creek Semillon, Single Vineyard Series, von Hart & Hunter erweist sich als beispielhafte Expertise des Hunter Valleys. Sanfter, eher zurückhaltender Apfel- und Zitronenduft. Mit seiner leichtem, dennoch sehr geschmackvollen und vielschichtigen Art macht er seiner Herkunft alle Ehre. Das Hunter Valley ist ein Garant für diesen leichten, gut reifenden Weißwein-Typ mit Zitrusaromen, keine Alterungsnoten und gerademal 10,5 Volumenprozent. Je nach Qualität können die hochwertigen Semillons der Region 20 Jahre und älter werden. Neben Tolpuddle ist Holyman ein weiteres komplexes, elegantes Beispiel dafür, in welcher Range hochwertiger Chardonnay aus Tasmanien einzuordnen ist. Gelbe Früchte, erfrischend Lebhaft, ansprechende Säure, sanfte Cremigkeit, perfekt eingebundenes Holz und kaum spürbarer Alkohol. Gerademal 0,75 Hektar misst der 1986 gepflanzte Block, von dem die unbewässerten Reben stammen. Ausgebaut wird der Wein in 500-Liter Fässern aus französischer Eiche. Der hohe Temperaturunterschied zwischen Tag und Nacht (Durchschnittstemperatur 16,8 Grad Celsius) sorgt für eine längere Vegetationsperiode und diesen lebhaft-facettenreichen Burgunder-Stil.
November 22th, 2018
Mit dem Bus geht es nach Newtown, ein Vorort Sydneys und die Heimat von Wine-Nerd Mike Bennie. Mit seiner quirligen King Street ist der Stadtteil ein cooler shopping strip, mit vielen kleinen Vintage Stores, jungen Designer-Boutiquen, kleinen Fachgeschäften, einer Brauerei und einem der besten Weinshops Sydneys.
Wir treffen Mike mitten im „seinem“ Veedel, er wartet vor der angesagten café & wine bar 212 Blue auf der Australia Street in Newtown. Ein normaler Tourist würde hier wahrscheinlich gar nicht herkommen. Ein cooler Tipp mit mega Wohlfühl-Ambiente! Aber Achtung, mit Chichi & Schick hat das nix zu tun.
Deshalb gehen wir auf Entdeckungstour mit Mike Bennie. Aber wer ist diese verrückte Vogel überhaupt? Jedenfalls der beste Kontakt, den wir zu Beginn einer Australia-Wine-Tour haben können! Mike Bennie kennt nicht nur die australische Weinszene in und auswendig, er ist ebenso flüssig im Rest der Weinwelt zu Hause! Extrem hilfreich, weil er weiß, was in der Szene los ist. Bis einigen Jahren wollte Mike mit #aussiewine nicht ganz so viel zu tun haben, fand er doch die heimischen Tropfen – verglichen mit europäischen Weinen – wenig vergleichbar. Beruflich war er eher als Broker für die australischen Weinhändler unterwegs.
„Mit australischen Weinen konnte ich damals nicht viel anfangen. Hier fehlte mir einfach Vielschichtigkeit, Komplexität, Grip, Eleganz und entsprechendes Potential“, gibt er unumwunden zu. „Es dauerte ziemlich lange, bis mich der erfrischend lebhafte und vor allem neue Drive der Naturell-Wines erreichte. Mit dieser Art des Winemakings können die Winzer das Global Warming ausgleichen und meines Erachtens ist damit die Zukunft des australischen Weins gesichert!“
Zwischendurch besuchten wir den Briten Michael Nicolian, der mit seinen Kompagnons lvis Abrahanowicz, Joe Valore of Porteño and Jesse Warkentin die Deli Continental Bar seit zweieinhalb Jahren mega engagiert betreibt.
„By day the deli is your perfect lunch location. Perch yourself along the counter to try our selections of cheese, charcuterie and tinned fish, paired with a recommended drink or two.“
Seit fast acht Jahren lebt er in Sydney, kreiert Cocktails, verkauft ausgesuchte Spirituosen und Lebensmittel, Känguru-Mortadella, Ziegenkäse von kleinen Käsereien und Jahrgangs-Sardinen aus der Bretagne.
Viele seiner Lebensmittel sind in Dosen abgepackt, hier kann man sich recht praktisch mit Leckereien für ein Picknick versorgen. In der Küche steht ein manueller Dosen-Verschliesser älteren Baujahrs, der seine Dienste perfekt versieht.
Leidenschaftlich erklärt uns Michael Nicolian das Konzept: „Continental is the realised passion for a neighbourhood deli. Bring your basket to purchase your specialty deli essentials, be it charcuterie for your next days sandwich, fromage for a friend, or all the elements for a perfect picnic. We have sourced what we consider the most interesting, rare and delicious cheeses and charcuterie as well as an impressive range of tinned delicacies; anchovies from the Bay of Biscay, clams and cockles from Galicia, sardines from France. We are however most proud of the items we have canned ourselves from incredible local produce.“
Mike bestätigt die Bewegungen: „Noch vor noch 10 Jahren war der Einfluss von kleinen, individuellen und hochwertigen Produkten noch relativ klein, das hat sich erst in den letzten Jahren ergeben.“ Mike Bennie freut sich über unseren großen Wissensdurst: “ Allerdings haben wir in kurzer Zeit vieles aufgeholt und sind bestens für die Zukunft gewappnet!“
Mike Bennie’s Bottle Shop
Nach dem ereignisreichen Vormittag in Newtown geht es weiter in Richtung Darling Harbour. Hier entern wir eine stattliche 40 Fuss-Yacht mit samt des Skippers. Während John uns sicher aus dem verkehrsreichen Hafen herausbugsiert, erzählt er von früheren Zeiten, seinem Vater und seinem seefahrenden Großvater, die den quirligen Sydney Harbour noch ganz anders erlebt haben. Als wir die direkt am Wasser liegende Residenz von Queen Elisabeth passieren, kommt Bewegung in die Truppe. Ben Moroney, WineAustralia‘s Digital Communications Officer, serviert uns dem sonnigen Feeling entsprechende „Bubbles“. Was gibt es schöneres als bei strahlendem Wetter auf einer stattlichen Yacht ein spannendes Sparkling-Tasting erleben zu dürfen? Nicht wirklich viel…
Ben serviert ein knappes Dutzend unterschiedliche australische Schaumweine. Bei der klassischen Flaschengärung „Méthode Traditionelle“ gibt es bis auf 6 Monate Mindest-Lagerzeit auf der Hefe keine weiteren Bestimmungen, was letztendlich nichts anderes als viele unterschiedliche Stilistiken bedeutet. Für die ernsthafte Sparkling- Produktion eignen sich die Cool Climate Regionen wie Tasmanien und Adelaide Hills besonders gut, wobei letzteres Gebiet zumindest hochwertig bubbelnd gerademal den Kinderschuhen entwachsen ist.
In der ganzen Serie waren meine Favoriten zwei völlig unterschiedliche Sparkling-Typen. Der eine, Sparkling Wild Duck Creek 8, fliesst in sattem, leuchtenden Rot extrem feinperlig, balanciert und vielschichtig mit sanften Gerbstoffen ins Glas. Das Anbaugebiet Heathcote liegt im Süden Victorias und ist hauptsächlich mit Shiraz bepflanzt. Der Shiraz Blend verschiedener Jahrgänge enthält kleine Partien Grundweine von 1993 bis 2009 und wird mit klassischer Flaschengärung hergestellt. Nach zweieinhalb Jahren auf der Hefe wurde der rote Tropfen im Mai 2017 degorgiert und mit kleinen Mengen Fortified Duck verfeinert. Es ist die achte Füllung des Hauses. Der köstliche Stoff wird lediglich in kleinen Mengen in einem Turn von drei Jahren hergestellt. Angenehm füllig, weinig und animierend zeigt sich dagegen 2004 Arras Ey Carr „Late Disgorged“, auf dessen Rückenetikett das Degorgierdatum (March 2018) sowie die exakte Anzahl (0260 von 2088 Flaschen) vermerkt ist. Die Rebsorten sind in diesem Fall Chardonnay und Pinot Noir, gewachsen im kühlen Tasmanien. Auf der Hefe gelegen hat der facettenreiche, ebenfalls nach Méthode Champenoise hergestellte Schäumer allerdings ein bisschen länger, nämlich ganze dreizehn Jahre.