Wein-Weiterbildung powered by DWI

Alle Jahre wieder! DWI-Workshop für Weinakademiker und WSET-Studenten
Bereits zum dritten Mal fand dieses spannende Wein-Weiterbildungsprogramm des Deutschen Weininstituts statt. Zu diesem Anlass treffen sich rund 40 Weinakademiker/WSET’ler und drücken zwei Tage die Schulbank. Los ging es am Sonntag früh mit einem Treffen der Vertreter der sechs deutschen Regionen des Clubs der Weinakademiker. Anschließend machten wir uns auf die Suche nach köstlichen Kabinettstückchen samt spannender Begleitung. Am Montag morgen folgten nach einer anschaulichen Reise entlang der unterschiedlichen Rheingauer Terroirs mit Prof. Dr. Otmar Löhnertz, Geisenheim Universität, zwei Power-Seminare mit Prof. Dr. Dominik Durner, Weincampus Neustadt, „Ein Spätburgunder – unterschiedlich ausgebaut“ und ein anschließendes „PH-Wert Update“. Steffen Schindler, DWI, diskutierte mit Christine Scharrer, Boisset Collection; Jürgen Hofmann, Weingut Willems & Hofmann, Appenheim und Sedat Aktas, geileweine; über die Zukunft von Weinhandel und Vermarktung. Krönender Abschluss bildete ein knackiges Blind-Tasting, bei dem es Herkunft und Qualität/Preis unterschiedlicher Chardonnays herauszufinden galt. Hier geht es zum Programm.

Wein als Marke? Über das Für und Wider des klassischen Kabinetts
diskutierten die Podiumsteilnehmer Dr. Rowald Hepp, Schloss Vollrads im Rheingau, Caroline Diel, Schlossgut Diel an der Nahe; Kai Schätzel vom gleichnamigen Weingut in Nierstein, Rheinhessen sowie Dorothee Zilliken, Weingut Forstmeister Geltz Zilliken an der Saar mit Steffen Schindler, Deutsches Weininstitut und Christina Fischer, Genuss Werkstatt.

Reanimation einer Marke oder Zukunftsthema der Wein-Szene?!
Das Thema scheint heiss, es erregt die Gemüter! Caroline Diel, Dorothee Zilliken und Kai Schätzel trotzen der brandaktuellen Statistik des Deutschen Weininstituts: Deutscher Wein wurde im Jahr 2017 zu 70 Prozent trocken  und nur noch zu 30 Prozent fruchtig ausgebaut. Die drei VDP-Youngster stehen mitten im Leben, haben die Führung ihrer familiären Weingüter übernommen und sind in Tuchfühlung mit der Szene. Sie „brennen“ für das Thema und überzeugt, dass der „klassische Kabinett“ einer der neuen Trends in Deutschland ist! Stellt sich die Frage, wie meinungsprägend die deutsche Weinszene denn wirklich ist. Dr. Rowald Hepp fasst zusammen, geht das Thema eine Spur besonnener an, schließlich setzt er sich bereits seit den 1990er Jahren für sein Herzensthema „Kabinett“ ein. Dem Rheingau ist der gebürtige Franke seit Beginn der 1980er Jahre verbunden, studiert hat er in Geisenheim und Giessen, seine Dissertation über „Langfristige Tendenzen im Weltweinmarkt“ wurde vom Bundesministerium für Landwirtschaft ausgezeichnet und publiziert. Mit 28 Jahren übernahm er die Leitung der Hessischen Staatsweingüter – Kloster Eberbach, nach einem kurzen Zwischenstopp in Würzburg führt er seit 1999 die Geschäfte auf Schloss Vollrads. Es ist eine große Freude, die Meinung dieser vier extrem engagierten Winzer verfolgen zu dürfen. Herrlich erfrischend kommt das köstliche Kabi-Revival im Kreis der Fachleute zur Geltung! Eine Diskussion, die deutsche Weingeschichte und selbstbewusstes Qualitätsdenken vereint und die wir noch Stunden hätten führen können…


Speisen- und Weinparcours®
Aber: Kabinett ist nicht nur vielseitig, sondern auch gastronomisch einsetzbar! Der Küchenchef des Kronenschlösschens Simon Stirnal  servierte zu den 10 Riesling Kabinettstückchen die jeweils passenden Gerichte. Den Speisen- und Weinparcours® hat Chef Stirnal gemeinsam mit Christina Fischer ausgekocht. „Ich hätte nie gedacht, dass man Riesling Kabinett so universal einsetzen kann“, weiß er strahlend zu berichten. „Ein gastronomisches Format mit hohem Qualitätsanspruch, welches gleichwohl für Bewegung und entspannte Kommunikation sorgt.“ Wer neugierig ist, kann gerne in der Menükarte schmöckern!

Das alles wurde von dem engagierten Journalisten Kai Brückner in seiner Moderne Topfologie in Bild und Text festgehalten und wird in den kommenden Tagen veröffentlicht.
Artikel 1 / Ist der Kabinett noch zu retten // Artikel 2 / Riesling Kabinett rocks

Wenn der Wein die Schulbank drückt
Der zweite Tag des DWI-Workshops startete mit zwei Power-Vorträgen. Steffen Schindler erläuterte professionell und pointiert die Arbeit des Deutschen Weininstituts.

Während Manuel Bretschi, der im DWI für Schulung & Weiterbildung verantwortlich ist, über das neue Schulungsprogramm, den Wettbewerb „DWI Sommelier-Cup“, die neue Ausbildung zum „German Wine Professional“ und die Zusammenarbeit mit dem Institute of Masters of Wine berichtete.

Der Rheingau als Wiege der deutschen Weinkultur? Terroir, Trends und Tendenzen. Quo Vadis Rheingau?
Prof. Dr. Otmar Löhnertz und Christina Fischer führten durch eine spannende Rheingau-Reise, in der die unterschiedlichen Bodenstrukturen des untern, mittleren oder oberen Rheingaus, jeweils mit exemplarischen Riesling-Beispielen die Hauptrolle spielten. Spannend wurde es, als nach dem „Kennenlernen“ der unterschiedlichen Terroirs zwei 4er-Flights horizontal serviert werden:

1 Lage | 4 Winzer
2016 BERG ROTTLAND Rüdesheim Riesling VDP.GROSSE LAGE®, Johannishof, Johannisberg
2016 BERG ROTTLAND Rüdeheim Riesling VDP.GROSSE LAGE®, Ress, Hattenheim
2016 BERG ROTTLAND Rüdesheim Riesling VDP.GROSSE LAGE®, Leitz, Geisenheim
2016 BERG ROTTLAND Rüdesheim Riesling VDP.GROSSE LAGE®, Künstler, Hochheim

1 Lage | 4 Winzer
2016 WISSELBRUNNEN Hattenheim Riesling VDP.GROSSE LAGE®, Spreitzer, Oestrich-Winkel
2016 WISSELBRUNNEN Hattenheim Riesling VDP.GROSSE LAGE®, Kaufmann, Hattenheim
2016 WISSELBRUNNEN Hattenheim Riesling VDP.GROSSE LAGE®, Barth, Eltville
2016 WISSELBRUNNEN Hattenheim Riesling VDP.GROSSE LAGE®, Georg Müller Stiftung, Hattenheim

Innerhalb der beiden Flights liessen sich bei den Rieslingen wenig Gemeinsamkeiten erkennen, über den man einen Rückschluss auf die Herkunft (Lage) ziehen konnte. Insgesamt sind die Grossen Gewächse aus der Lage „Berg Rottland“ etwas straffer, obwohl sie tendenziell in der Säure tiefer liegen (siehe Verkostungsheft mit Steckbriefen der jeweiligen Weine).

Offensichtlich ist allerdings der grundsätzliche Unterschied zwischen den Rieslingen der Hattenheimer Lage „Wisselbrunnen“, fast alle eine Spur karamellig, insgesamt weicher, und den Grossen Gewächsen der Rüdesheimer Lage „Berg Rottland“, die sich vielschichtiger und deutlich fester präsentieren.

Jedoch sind fast alle Rieslinge durch die Handschrift der Winzer, bzw. ihre Arbeit im Keller geprägt, sanftere Säuren (BSA nach spontaner Gärung, Entsäuerung, etc.), mehr oder weniger deutlicher Holzeinfluss, spürbare Phenole (teilweise Maischevergoren), etc. Diese Komponenten üben einen spürbaren Einfluss auf den Wein aus und maskieren – je nach Intensität – die jeweilige Herkunft, weil sie Lagen- und Regionen übergreifend zu sensorisch ähnlichen Resultaten führen. Es handelt sich durchweg um hochwertige Weine, all diese Beobachtungen haben nichts mit der jeweiligen Qualitätseinschätzung zu tun. Wer im Übrigen mehr über die Böden und Weinbergslagen des Rheingaus wissen möchte, kann sich hier informieren.

Zum Thema Terroir (und Herkunft) wies Prof. Dr. Otmar Löhnertz in seinen Ausführungen auf folgende wissenswerte und einflußnehmende Komponenten hin:
– Rheingau => 50. Breitengrad, war vor der Klimaerwärmung eine eher „kühle“ Weinregion
– Zunahme des Mittels der 1980er Jahren von 13,3°C bis heute ca. 15,8°C => + 2,5- 3,0°C
– pro 100 Höhenmeter => 1 Grad kühler
– ph-Wert (sauer bis alkalisch) und Kalkgehalt (kalkfrei bis 80%)
– Boden => Wasserhaushalt, Nährstoffgehalt, Durchwurzelbarkeit, Bodenart, Wärmehaushalt, etc.
– Bewässerung
– Bodenbearbeitung
– Sehr hohe oder extrem niedrige Erträge
– Botrytis-Befall maskiert das Terroir (Herkunft)
– oenologische Maßnahmen können – je nach Intensität – das Terroir (Herkunft) maskieren

In seinem Vortrag verweist Prof. Dr. Otmar Löhnertz, Hochschule Geisenheim University auf ein aufschlussreiches Zitat: „Die Festlegung des Terroirs ist die Hauptbasis der AOC. Sie stützt sich zum einen Teil auf die besonderen natürlichen Faktoren und zum anderen Teil auf das Wissen des Winzers; zusammen erlauben sie die Produktion eines Weines, der authentisch und von typischer sensorischer Eigenart ist.“ (Morlat 1996)

Stellt sich abschließend die Frage der Authentizität, bzw. der Gewichtung der jeweiligen Maßnahmen. Fakt ist, dass der Winzer mit kellertechnischen Entscheidungen wie langen Maischestandzeiten, Säureabbau, Maischegärung, Holzeinfluss, etc., die natürlichen Faktoren hervorheben möchte aber in der Regel eher überdecken wird.

Einen anderen Ansatz zeigt der letzte Flight der Rheingau-Reise, dessen Rieslinge ihr „Terroir“ wiederum auf eine völlig andere Weise sensorisch darstellen: Die trockenen Riesling Auslesen des Winzers Hajo Becker aus Walluf besitzen Strahlkraft und unglaubliches Alterungspotential: Wir verkosten eine reife 1992er, eine herrlich saftige 2006er und eine blutjunge, noch verschlossene 2015er Wallufer Walkenberg Riesling Auslese trocken. Seine Rieslinge baut Hajo Becker nach wie vor in GFK-Tanks aus, verändert hat er wenig, nur an kleinen Stellschrauben gedreht. Lieber Hajo Becker, großen Dank für diese drei aufschlussreichen Rieslinge!

Prof. Dr. Dominik Durner, DLR Rheinpfalz / Weincampus Neustadt begeistert uns mit seinem Vortrag „1 Spätburgunder in 7 Stilrichtungen“ und seinem angenehm klaren Kopf. Extrem anschaulich erklärt er uns anhand einiger in Neustadt durchgeführter Versuche, die zeigen, auf welche Art und Weise der Winzer auf seine Weine einwirken kann und lässt neben seinem Basis-Spätburgunder den gleichen Wein in sieben unterschiedlichen Ausbaustilen einschenken. Extrem hilfreich: Die Therorie wird mit den entsprechenden Weinen beispielhaft sensorisch unterlegt.

Bei Prof. Dr. Dominik Durners zweitem Seminar „Das Geheimnis des ph-Wertes“ und die „Einflussfaktoren des ph-Wertes auf die Weinbereitung“ hat es in sich. Einige der anwesenden Zuhörer merken, dass sie chemischen Nachholbedarf haben. Aus diesem Grund wollen wir uns in den nächsten Monaten in Neustadt zum „Nachsitzen“ treffen. ;o)).

„Die Zukundt von Weinhandel und Vermarktung“ diskutiert Steffen Schindler mit folgenden Protagonisten: Jürgen Hoffmann, Weingüter Hoffmann & Willems; Sedat Aktas, geileweile; Christine Scharrer, Boisset Collection und Steffen Schindler, DWI. Die Zeit wird knapp, alle Teilnehmer haben spannende Beiträge auf Lager. Wir merken, dass man sich um dieses Thema wesentlich mehr Gedanken machen muss!

Abschließend müssen alle nochmal ran. Vier Weißwein-Typen werden „blind“ serviert. Alles Chardonnay, im Holz ausgebaut. Rauszufinden gilt der Preis und die Herkunft, bzw. die Heimatregion des jeweiligen Weines.

Was ist uns bei der Auswertung des Chardonnay Blind-Tastings aufgefallen?

  • Tasting-Erfahrung muss verbessert werden
  • Einschätzung des Qualitätslevels nicht ausreichend, bzw. zu niedrig
  • Säurebetonte, eher schlanke Weine werden in der Regel einfacher bewertet (Beispiel Chardonnay Magret River, Australien)
  • Preisniveau allgemein zu niedrig angesetzt
  • Allgemein zuwenig „Neue Welt“ Wissen
  • Zu oft auf D getippt (Unsere heimische Weinwelt scheint derzeit nur aus deutschen Weinen zu bestehen…)
  • Hohe Beteiligung der Studenten, Weinakademiker haben teilweise nicht abgegeben
  • Zur allgemeinen Entschuldigung: Das Tasting fand unter Zeitdruck am Ende des Tages statt.

Aufteilung des Votings:
Es gab lediglich 12 Tipps für folgende Länder der Neuen Welt: Australien, Chile, Kalifornien, Neuseeland, Südafrika und USA. Deutschland wurde über 25 mal vermutet, auf Frankreich, Italien, Österreich und Spanien entfielen 6 Stimmen. Die Auflösung findet Ihr hier.

Unser persönliches Fazit: Großartige Chance der Weiterbildung! Wir danken dem DWI und hoffen, dass das Deutsche Weininstitut diese Reihe fortsetzt und freuen uns auf zahlreiche Seminare mit kundigen WSET-Diploma Holdern, Weinakademikern und versierten Fachleuten!

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